Flutschutz
mit Natur im Boot |
|
|
|
ZELL. Der
Boden tief vom ergiebigen Regen der vergangenen Tage, die sonst so
gemächliche Mümling mit verschärftem Tempo, der Himmel wolkenverhangen. Der
Frühsommer 2006 taugt dieser Tage wirklich nicht für Schönwetterreden. Doch
deswegen waren die Stadt-, Kreis- und Landespolitiker am Mittwoch nicht an
den Ortsrand von Zell gekommen. Vielmehr galt ihr Besuch dem Interesse, die
Sorgen und Nöte jener hinfort zu spülen, die mit leidigem Hochwasser seit
Jahren zu kämpfen haben. Aktiv viele Stromkilometer flussabwärts, passiv nur
wenige Kilometer oberhalb beim Wasserverband Mümling im Landratsamt. Auch dazu passte also die
Witterung. Denn schlechtes Wetter und volle Flüsse gehören schließlich zum
Geschäft der Wasserexperten. Die Mümling soll hier nach dem Bau des
Rückhaltedamms an der Zeller Brücke weiter an Schrecken verlieren. „Wir tun
das natürlich für alle Anliegergemeinden, aber natürlich auch für die oft
betroffenen Regionen am Main“, erklärte dazu Hessens Staatssekretär
Karl-Winfried Seif aus dem Umweltministerium. Neben Seif waren zu dem
Spatenstich des 3,5 Millionen-Euro-Projekts am Mittwoch auch Landrat Horst
Schnur, Bad Königs Erster Stadtrat Bernd Blumenschein, Professor Manfred
Ostrowski von der TU Darmstadt und Eckhard Krimmelbein vom ausführenden
Ingenieurbüro gekommen. Und hatten sich durch den morastigen Untergrund bis
zu jener Stelle vorgekämpft, wo ab dem Jahr 2008 im Falle eines Falles die
Wellen an der Dammkrone hochschlagen könnten. Auf 250 Meter Länge wird
ein bis zu 5,80 Meter hoher Wall aus Erde und Steinen aufgeschüttet, der
künftig in diesem Bereich die Fluten zügeln soll. Dafür waren bereits Anfang
des Jahres die ersten Arbeiter angerückt und hatten Bäume und Sträucher auf
einem rund fünfzig Meter langen und 600 Quadratmeter großen Streifen
beseitigt. „Wir haben selbstverständlich auch darauf geachtet, dass sich das
Projekt gut in die Landschaft einpasst“, erklärte Schnur. Der Damm soll
zwischen Asselbrunn und Zell maximal 200 000 Kubikmeter Wasser zurückhalten.
Dazu muss auch der erst vor drei Jahren asphaltierte Mümlingtal-Radweg auf
einigen Metern um den Damm herum geführt werden. Bei voll geflutetem Retentionsraum
könnte dennoch ein Stück der Radtrasse unter Wasser stehen. Nicht im Regen stehen gelassen wurde der Wasserverband Mümling, der lediglich 350 000 Euro zu dem internationalen Projekt beisteuern muss: Von den veranschlagten 3,5 Millionen Euro übernimmt das Land Hessen 1,4 Millionen (40 Prozent), die Hälfte kommt von der Europäische Union im Rahmen des Projekts „Nature-oriented Flood Damage Prevention“ (Ökologisch orientierter Schutz vor Hochwasserschäden), an dem sich auch der Odenwälder Wasserverband beteiligt. „Das Pilotprojekt will Wege aufzeigen, die wasserwirtschaftlichen, ökologischen und sozialökonomischen Aspekte verbinden“, erklärte Professor Manfred Ostrowski von der TU Darmstadt den besonderen Stellenwert des Vorhabens im Einklang mit der Natur. Ostrowski und die Hochschule begleiten das Projekt wissenschaftlich. |
|
Thomas Wöhlert |
|